Stand 21.12.2022
Derzeitige Fakten sind:
Der Aufreger seit 2016 war, dass Treppen und Geländer nicht mehr Bestandteil der EN 1090 sein sollten und daher nicht mehr CE-Kennzeichnungspflichtig seien. DAS IST FALSCH! Es handelt sich hierbei um eine Empfehlung (FAQ 31) der Europäischen Kommission, die in keiner Weise rechtsverbindlich ist. Daher bleibt bereits aus diesem Grund vorerst alles beim Alten. Zusätzlich gibt es mit Datum 07.2017 eine DIN CEN/TR 17052 zur Umsetzung der EN 1090-1. Dort ist eine Liste mit Produkten, die in den Anwendungsbereich der EN 1090-1 gehören und da sind Treppen und Geländer explizit genannt.
Auch Dr. Karsten Kathage vom DIBt hat sich auf deren Homepage zu diesem Thema im Newsletter 2/2017 geäußert. Zwar macht er die gleichen Feststellungen zur FAQ 31 wie oben, kommt aber dann letztlich zu dem Schluss (Zitat): „Hersteller und Verwender müssen also in Eigenverantwortung entscheiden, ob die von ihnen hergestellten bzw. verwendeten Produkte in den Anwendungsbereich von EN 1090-1 fallen.“ Verantwortung für eine Entscheidung wird also vom DIBt nicht übernommen, sondern auf den Hersteller/verwender abgeschoben.
EN 1090-2 2018 neu erschienen.
EN 1090-1 lag zwar als deutscher Entwurf vor, was daraus wird, steht im wahrsten Sinne in den Sternen, denn es gibt inzwischen einen neuen Entwurd der BauBVO, der die Leistungserklärzung mit Sicherheit regeln wird. Ob dann EN 1090-1 überhaupt noch überarbeitet wird, sit mehr als ungewiss. Mehr kann man derzeit zum Thema nicht sinnvoll sagen.
Mit Erscheinen der Musterverwaltungsvorschrift Technische Baubestimmung (MVVTB) und deren baurechtliche Einführung in allen 16 Bundesländern, hat sich die Rechtslage in Deutschland definitiv geändert. Hier steht nämlich unter
Anlage A 1.2.4/5 der MVVTB sinngemäß: Wer tragende Bauteile aus Stahl in den entsprechenden Ausführungsklassen herstellt, muss nach EN 1090-1 zertifiziert sein. Damit geht es in Deutschland nicht mehr um das Inverkehrbringen, sondern bereits um die Herstellung und die damit verbundene gesetlich notwendige Zertifizeirung. Damit ist das Thema Treppen und Geländer, da diese definitiv unter EN 1090-2 fallen und tragende Bauteile sind, erledigt. Jeder, der heute Stahlkonstruktion herstellt, muss nach EN 1090-1 zertifiziert sein, sonst agiert er strafrechtlich relevant. Das Gleiche gilt für Aluminium nach MVVTB, Anlage A 1.2.4/6. Und „Herstellen“ heißt nicht „Schweißen“! Schon das Ablänhen eines Profiles, mit Bohren von Löchern, um es als Stütze auf der Baustelle einzuschrauben, ist Herstellen im Sinne der MVVTB!
Leistungserklärung nach BauPVO, Anhang III inklusive CE-Kennzeichnung muss also nach wie vor erstellt bzw. aufgebracht werden, wenn tragende Teile nach EN 1090-1 in Verkehr gebracht werden. Dazu muss der Inverkehrbringer (in der Regel der Hersteller) nach EN 1090-1 zertifiziert sein. Der Unterschied zu früher: Es geht nicht mehr nur um das Schweißen, sondern auch um Bemessung, Herstellung, Verbindungstechnik und dauerhaften Korrosionsschutz u.v.a.m. Wird das Produkt nicht ordnungsgemäß Inverkehr gebracht, sind nach dem „Gesetz zur Anpassung des Bauproduktengesetzes und weiterer Rechtsvorschriften an die Verordnung (EU) Nr. 305/2011 zur Festlegung harmonisierter Bedingungen für die Vermarktung von Bauproduktendem“ Bußgelder bis 50.000 Euro und Freiheitsstrafen bis zu einem Jahrvorgesehen.
Die ersten Urteile vom Landgericht Mönchengladbach und vom OLG Frankfurt liegen zum Thema CE-Kennzeichnung vor.
Bis zum 01. Juli 2014 gab es verstärkte Anfragen nach Zertifizierungen wegen dem Ende der Koexistenz beider Normen. Das hat gegen Ende 2014 wieder nachgelassen. 2022 haben die Anfragen wieder „Fahrt aufgenommen“. Nur der Anlass ist jetzt ein Anderer: Die anrufenden Firmen sind immer noch nicht zertifiziert, haben aber bereits Aufträge nach EN 1090 angenommen und daher ist jetzt die Zeit knapp, einen Zertifizierer zu finden oder die marktüberwachungsstellen haben nicht zertifizierte Betriebe ins Visier genommen.
Die seit dem 01.07.2012 gültigen Eurocodes sind inzwischen Standard bei der Bemessung und daher muss auch nach EN 1090 ausgeführt werden. Insbesondere auch die Prüfstatiker fordern die fachgerechte Ausführung nach EN 1090. Aber auch Behörden und Architekten sind auf einem guten Weg, die Zertifizierung immer häufiger zu fordern.
Rechtliche Argumente:
Zitat aus einem Vortrag von Rechtsanwalt Klaus Degenhardt, Kasssel: Natürlich ist das Verständnisses für die EU-Bauproduktenverordnung/DIN EN 1090 zum Teil schwierig, weil es sich um europäisch geschaffenes und in Deutschland unmittelbar anwendbares Recht handelt, dazu noch gesetzgeberische Formulierungen verwendet werden, die so im bundesdeutschen Recht nicht bekannt sind. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass die Festlegungen im Bauproduktengesetz, in der Bauproduktenverordnung und in der DIN EN 1090 zwingendes Recht in Deutschland sind.
Obwohl die Bauproduktenverordnung/DIN EN 1090 rein öffentlich–rechtliche Regelungen darstellen, können sie Auswirkungen auf kauf– und werkvertragsrechtliche Gewährleistungsrechte haben.
Die zwingenden rechtlichen Konsequenzen auf den Gebieten der Ordnungswidrigkeiten und im Strafrecht (Bauproduktengesetz) und auf dem Gebiet des unlauteren Wettbewerbs sind dabei noch ein anderes, sicherlich ernsthaft zu beachtendes Thema.
Tipp:
Wenden Sie sich möglichst rasch an ISW damit Sie zügig an die notwendige Dokumentation kommen und sich dann durch die Metall-zert GmbH in Essen zertifizieren lassen zu können. Denn Schade wäre es doch, wenn Sie einen Auftrag nicht ausführen dürfen, nur weil Sie nicht zertifiziert sind oder fast noch schlimmer: Sie haben einen Auftrag abgewickelt, der im Rahmen der EN 1090 ausgeführt werden musste und Sie werden nicht bezahlt, weil Sie nicht zertifiziert sind oder haben mit schwerwiegenden rechtlichen Folgen oder Untersuchung durch die zuständige Marktüberwachung zu rechnen.